Rene Lau Fachanwalt für Sportrecht
René Lau • Feb. 23, 2023

Szenefälschende Beamte

Ob das althergebrachte Bild vom Schutzmann, der immer freundlich ist und niemandem etwas Böses will, jemals der Realität entsprach? Heute stimmt es jedenfalls nicht mehr. Jeder Fußballfan kann ein Lied davon singen.


Fast wöchentlich gibt es Ärger mit der Polizei, wobei Team Blau auch immer darauf bedacht ist, das eigene Ansehen in der Öffentlichkeit zu wahren. Man selbst ist natürlich immer nur der Gute, der Hüter des Gesetzes, und das Gegenüber, der Fußballfan, ist die Inkarnation des Bösen, das bekämpft werden muss. Nicht immer nehmen es die Beamten dann mit der Wahrheit ganz genau. Das mussten jetzt auch sechs Ultras des SV Werder Bremen erfahren. Sie wurden beschuldigt, im Rahmen eines Heimspiels gemeinsam eine Person attackiert zu haben. Bei einem solchen Vorwurf ist »Musik drin«, geht es doch in der Regel um sogenannte gefährliche Körperverletzung, auf die eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug steht. Was natürlich auch die Beamten wissen.


Die Zivilpolizisten, die für die Fußballsachen zuständig sind, versuchten, mit Videos zu untermauern, dass die Ultras die alleinigen Täter waren. Die Staatsanwaltschaft folgte dem und erhob Anklage beim Amtsgericht. Dessen Aufgabe ist es zu entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Leider winken zu viele Richter die Anklagen einfach durch. Nicht in diesem Fall. Die Richterin machte sich die Mühe einer genauen Videosichtung. Dabei stellte sie fest, dass die Aggression vom vermeintlich Geschädigten ausgingen und die Ultras nur schlichten wollten. Sie schlugen nicht, attackierten nicht. Die Richterin ließ die Anklage nicht zu und begründete dies ausführlich in einem Beschluss. Ihr habe es sich nicht erschlossen, warum die Beamten die Vorgänge auf den Videos nicht richtig sahen oder sehen wollten. Der Beschluss wurde rechtskräftig, die Staatskasse trug alle Kosten. Die Grün-Weiße Hilfe, die Fanhilfe der Werder-Fans, schrieb von »szene­fälschenden Beamten«, die vom Amtsgericht gestoppt wurden.


Jeder Zivilbeamte in dieser Republik sollte den Fall verinnerlichen. Auch wenn er Fans als seine natürlichen Feinde ansehen mag – er ist Ermittlungsbeamter und damit der Wahrheit verpflichtet. Bleibt er nicht bei ihr, macht er sich strafbar. In solchen Fällen sollte die Staatsanwaltschaft genauso hart vorgehen, wie sie es immer gern gegen Fußballfans tut.


»Sport frei!« vom Fananwalt.

(Quelle:
https://www.jungewelt.de/artikel/445274.beim-fananwalt-szenef%C3%A4lschende-beamte.html?sstr=fananwalt )

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